Potenzprobleme: Delikates Warnsignal
„Stimmt es wirklich, dass Gefäßschäden die Ursache für Potenzprobleme sein können?" fragt Wolfgang R. (68)
Allgemeinmediziner Dr. Günter Schütte, Ditzum, Ostfriesland
Der Allgemeinarzt sieht sich beim Thema Potenzstörungen in die Pflicht genommen:
„Das große Vertrauen, das die Patienten zu ihrem Hausarzt haben, macht es möglich, auch solche unangenehmen Dinge anzusprechen. Insgesamt gehen Männer heute deutlich ungezwungener damit um als
früher."
Es antwortet: Dr. Günter Schütte
Wenn ein älterer Patient über Potenzstörungen klagt, muss tatsächlich immer auch das Risiko für Gefäßkrankheiten abgeklärt werden. Denn erektile Dysfunktion, wie Impotenz im Fachjargon heißt, beruht bei rund einem Fünftel der Betroffenen auf Schäden der Penisgefäße. Diese sind eine Art Frühwarnsystem für krankhafte Veränderungen, die auch andere Stellen des Gefäßsystems betreffen können, etwa das Herz. Nur bereiten sie dort lange keine Beschwerden, während die Erektionsfähigkeit früh darunter leidet. Der Grund: Ablagerungen in den Wänden der feinen Gefäße verhindern, dass sich das männliche Glied bei Erregung ausreichend mit Blut füllt und versteift.
Zur Abklärung des Gefäßrisikos gehört neben einer gründlichen körperlichen Untersuchung mit Pulskontrollen an Arm und Bein unter anderem die Bestimmung der Blutfettwerte, des Blutzuckers und des Blutdrucks. Wichtig ist zudem, wie viel Sie rauchen und wie viel Alkohol Sie trinken. Anhand dieser Informationen lässt sich Ihr Risiko grob abschätzen und entscheiden, ob weitere Untersuchungen nötig sind, beispielsweise ein Ultraschall der Halsschlagader.
Erscheinen dagegen Gefäßschäden wenig wahrscheinlich, gilt es, andere Ursachen auszuschließen, etwa eine Zuckerkrankheit und Nervenkrankheiten wie multiple Sklerose oder Morbus Parkinson. Bisweilen tritt das Problem auch als Nebenwirkung von Medikamenten auf - insbesondere von Arzneien, die bei Bluthochdruck, Herzproblemen, Schlafstörungen oder zur Beruhigung eingenommen werden. Psychische Belastungen wie Stress, Depressionen oder Beziehungsprobleme galten noch vor einigen Jahren als die häufigste Ursache von Potenzproblemen. Heute geht man davon aus, dass dies nur für zehn Prozent der Betroffenen zutrifft.
Auf den Lebenswandel achten
Wesentlich für eine erfolgreiche Behandlung Ihrer Potenzstörung sind ein Verzicht auf Alkohol und Nikotin sowie eine gute Einstellung des Blutdrucks, des Blutzuckers und der Blutfettwerte.
Darüber hinaus können Ihnen eventuell Medikamente helfen. Phosphodiesterase-5-Hemmer erweitern bei sexueller Stimulation die Gefäße des Penis und ermöglichen so eine Erektion. Die teuren Arzneien
unterscheiden sich in erster Linie in ihrer Wirkdauer, die einige Stunden bis zu zwei Tage beträgt. Nicht selten treten unangenehme Nebenwirkungen auf wie vorübergehende Hör- und Sehstörungen,
verstopfte Nase, Gesichtsrötung, Kopfschmerzen, Schwindel oder Herzklopfen. Andere Therapien wie Injektionen in den Schwellkörper, Vakuum pumpen, Operationen an den Penisgefäßen oder das
Einsetzen einer Prothese spielen heute nur noch eine untergeordnete Rolle.
Angesichts der wirksamen Medikamente wird gerne vergessen, dass sich Sexualität im Alter verändert. Ein 20-Jähriger bekommt eben leichter eine Erektion als ein älterer Mann. Diesen Veränderungen zu begegnen heißt auch, mehr Wert auf Vorspiel und Zärtlichkeit zu legen. Mit der Ehefrau oder der Partnerin über Sexualität zu sprechen mag nicht jedem leichtfallen. Wenn Männer aber meinen, ihre Potenzprobleme gingen nur sie etwas an, irren sie sich: Ein unerfülltes Liebesleben kann für die Frau genauso belastend sein wie für den Mann. Das offene Gespräch mit der Partnerin lässt sich durch nichts ersetzen.
Quelle: Wort&Bild Verlag; HausArzt-PatientenMagazin; Foto:W&B/Jens Meier